Das Wichtigste in Kürze:
- USA sichern Kiew eine Finanzspritze von 500 Millionen Dollar zu
- Bundesregierung: Russisches Gas weiter in Euro zahlbar
- Moskau stellt Feuerpause in Mariupol in Aussicht
- Slowakei weist 35 russische Botschaftsmitarbeiter aus
- Großbritannien organisiert Geberkonferenz für Waffenlieferungen an die Ukraine
Nach Angaben des Weißen Hauses in Washington erhält die Ukraine weitere finanzielle Unterstützung der Vereinigten Staaten. US-Präsident Joe Biden habe seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat 500 Millionen US-Dollar (rund 448 Millionen Euro) an direkter Haushaltshilfe zugesichert. Beide hätten außerdem darüber gesprochen, wie die USA der Ukraine weiter militärische, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe zukommen lassen könnten, teilte das Weiße Haus in Washington mit. Man habe sich auch darüber ausgetauscht, wie die USA die wichtigsten Ersuchen der Ukraine um sicherheitspolitische Unterstützung erfüllen könnten und welche „kritischen Auswirkungen diese Waffen auf den Konflikt“ haben würden. Selenskyj sagte, es sei über Verteidigungsmaßnahmen, ein neues Paket von Sanktionen sowie über finanzielle und humanitäre Hilfen gesprochen worden.
Pentagon: Nur kleiner russischer Truppenabzug
Der angekündigte russische Truppenabzug im Raum Kiew hält sich nach Einschätzung der US-Regierung in engen Grenzen. „Wir haben in den letzten 24 Stunden gesehen, dass ein kleiner Prozentsatz der Truppen, die (…) Russland gegen Kiew in Stellung gebracht hatte, verlegt wurde, wahrscheinlich etwa 20 Prozent der Truppen“, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Einige dieser Soldaten seien nach Belarus verlagert worden. Nach Gesprächen mit der Ukraine in der Türkei hatte Russland am Dienstag zugesagt, seine Kampfhandlungen bei Kiew und Tschernihiw deutlich zurückzufahren. Die Soldaten würden jedoch nicht zurück nach Russland verlegt, sagte Kirby.
Die ukrainische Hauptstadt sei weiterhin von Luftangriffen bedroht, sagte Kirby. Er verwies darauf, dass die Bodentruppen rund um Kiew zuletzt ohnehin kaum noch Fortschritte gemacht hätten. Man beobachte, dass das russische Militär nun im Donbass in der Ostukraine viel aktiver sei. Die US-Regierung geht davon aus, dass die private russische Sicherheitsfirma „Wagner Gruppe“ sich aktuell mit rund 1000 Söldnern auf diese Region konzentriere. Russland setze dort nun verstärkt auf Luftangriffe.
Bundesregierung: Gas weiter in Euro zahlbar
Der russische Präsident Wladimir Putin hat Bundeskanzler Olaf Scholz nach Angaben der Bundesregierung zugesichert, dass europäische Unternehmen ihre Rechnungen für russisches Gas weiterhin in Euro begleichen können. Putin habe in einem Telefonat zwar gesagt, das Gaslieferungen ab dem 1. April in Rubel zu begleichen seien, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. „Zugleich betonte er in dem Gespräch, dass sich für die europäischen Vertragspartner nichts ändern werde.“
Die Zahlungen sollen demnach weiterhin ausschließlich in Euro an die Gazprom-Bank überwiesen werden, die nicht von den westlichen Sanktionen betroffen sei. „Die Bank konvertiere dann das Geld in Rubel“, zitierte Hebestreit den russischen Staatschef.
Putin hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass künftig für Gaslieferungen in „unfreundliche“ Länder nur noch Rubel als Zahlmittel akzeptiert würden. Das schließt alle EU-Länder mit ein. Zahlungen in Euro und Dollar hätten keinen Wert mehr für sein Land, so Putin. Unter anderem die G7-Staaten wiesen die Ankündigung als „inakzeptabel“ zurück und riefen ihre Unternehmen auf, der russischen Forderung nicht nachzukommen.
Scholz habe dem nun von Putin erläuterten Verfahren nicht zugestimmt, erklärte Hebestreit weiter. Der Kanzler habe „lediglich um schriftliche Informationen gebeten, um das Verfahren genauer zu verstehen“. Die G7-Vereinbarung gelte weiter: „Energielieferungen werden ausschließlich in Euro oder Dollar bezahlt. So wie es die Verträge vorsehen.“
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte zuvor angekündigt, die Umstellung des Bezahlsystems werde erst allmählich erfolgen. Die Umstellung auf Zahlungen in Rubel für russisches Gas solle nicht zu Nachteilen für Deutschland führen. Die Entscheidung solle auch nicht „zu einer Verschlechterung der Vertragsbedingungen für die europäische Importeure von russischem Gas“ führen. Am Donnerstag wollen die russische Regierung, die mit westlichen Sanktionen belegte Zentralbank des Landes und der russische Energieriese Gazprom ihre Pläne zur Umsetzung der Maßnahme vorlegen.
Moskau stellt Feuerpause in Mariupol in Aussicht
Russland hat nach eigenen Angaben für diesen Donnerstag eine Feuerpause in der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol angeboten, damit Zivilisten diese verlassen können. „Russlands Streitkräfte erklären – ausschließlich zu humanitären Zwecken – am 31. März ab 10.00 Uhr (9.00 Uhr MESZ) eine Feuerpause“, sagte Generalmajor Michail Misinzew. Die ukrainische Seite habe bis 6.00 Uhr (5.00 Uhr MESZ) Zeit, um ihrerseits eine Feuerpause zu erklären und darüber Russland sowie die Vereinten Nationen und das Internationale Rote Kreuz schriftlich zu informieren. Die Ukraine und Russland hatten sich zuletzt immer wieder gegenseitig beschuldigt, die Flucht von Einwohnern aus Mariupol zu sabotieren. Zuletzt hatte der französische Präsident Emmanuel Macron in einem Telefonat mit Putin auf eine humanitäre Hilfsaktion für die seit Wochen eingeschlossene Stadt gepocht.
Trotz russischer Zusagen weitere Angriffe in der Ukraine
Mit neuen Angriffen auf die Städte Tschernihiw und Mariupol hat Russland Hoffnungen auf eine Entspannung der Lage in der Ukraine zunichte gemacht. Entgegen der russischen Zusicherung, die Militäraktivitäten im Norden der Ukraine „radikal“ zu verringern, wurde nach ukrainischen Angaben die Stadt Tschernihiw weiter beschossen. Dort sei zivile Infrastruktur zerstört worden und die Stadt mit ehemals 280.000 Einwohnern sei noch immer ohne Wasser und Strom, erklärte der zuständige Gouverneur Wjatscheslaw Tschaus in Online-Netzwerken. Nach Mariupol im Süden ist Tschernihiw die Stadt, die seit Beginn des von Russland am 24. Februar begonnenen Krieges mit am schwersten bombardiert wurde.
In Mariupol wurde nach ukrainischer Darstellung ein Gebäude des Roten Kreuzes bombardiert. Mariupol ist seit Wochen von jeglicher Versorgung abgeschnitten und wird von den russischen Streitkräften heftig beschossen und belagert. Die Stadt ist mittlerweile weitgehend zerstört, rund 160.000 Bewohner sollen aber weiterhin dort festsitzen.
Auch der Kiewer Vorort Irpin stand weiter unter Beschuss. Der Vorort war nach ukrainischen Angaben am Montagabend von den russischen Truppen „befreit“ worden. Bürgermeister Oleksandr Markuschin sagte, es seien „ungefähr 200 oder 300 Menschen“ ums Leben gekommen. „Im Moment kann man leider nicht feststellen, dass die Russen die Intensität der Feindseligkeiten in Richtung Kiew und Tschernihiw verringern“, sagte Wadym Denysenko, Berater des ukrainischen Innenministers.
Slowakei weist 35 russische Botschaftsmitarbeiter aus
Die Slowakei hat wegen Spionageverdachts 35 Mitarbeiter der russischen Botschaft verwiesen. „Auf Grundlage von Geheimdienstinformationen über die Tätigkeit eines weiteren russischen Diplomaten im Widerspruch zum Wiener Abkommen über diplomatische Beziehungen wurde der Botschafter der Russischen Föderation vorgeladen“, teilte das Außenministerium in Bratislava mit. Dem Botschafter sei in einer diplomatischen Note mitgeteilt worden, dass das Personal der russischen Botschaft um 35 Mitarbeiter reduziert werden müsse. Ministerpräsident Eduard Heger rechtfertigte den rigorosen Schritt als dringend notwendigen Selbstschutz der Slowakei, da die 35 Diplomaten „ein unerträglich großes Sicherheitsrisiko“ dargestellt hätten.
Schon am 14. März hatte die Slowakei drei russische Botschaftsangehörige wegen Spionageverdachts ausgewiesen. Das russische Außenministerium warnte vor einer dauerhaften Verschlechterung der Beziehungen. Am Montag hatte Russland mit der Ausweisung von ebenfalls drei Mitarbeitern der slowakischen Botschaft in Moskau geantwortet.
Lambrecht: „Wir stehen näher zusammen als je zuvor“
Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat bei ihrem Antrittsbesuch in Washington inmitten des Ukraine-Kriegs die enge Zusammenarbeit mit den USA und in der NATO bekräftigt. „Wir stehen näher zusammen als jemals zuvor“, sagte Lambrecht nach einem Treffen mit ihrem US-Kollegen Lloyd Austin in Washington. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sei es nicht gelungen, NATO oder EU zu spalten“. Die SPD-Politikerin fügte hinzu: „Wir sind verlässliche Partner. Darauf können sich insbesondere unsere NATO-Verbündeten an der NATO-Ostflanke verlassen, ohne Wenn und Aber.“
Jetzt gehe es darum, die Bundeswehr auszustatten, so dass sie ihren Auftrag des Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen könne. Das müsse sehr schnell gehen, so Lambrecht. „Es ist Handeln gefordert, sehr zügig, denn die Bedrohung ist offensichtlich.“

Ein breiter Verhandlungstisch zwischen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (links) und ihrem US-Kollegen Lloyd Austin
Austin würdigte die „enorme Führungsrolle“, die Deutschland in der Ukraine-Krise gezeigt habe. Die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz, in Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine massiv in die Bundeswehr zu investieren, sei „mutig und historisch“. Austin dankte Deutschland auch für die Entscheidung, Waffen an die Ukraine zu liefern. „Ihr Vorbild hat geholfen, andere Verbündete und Partner dazu zu inspirieren, zu folgen.“
Medien: Bald weitere deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine
Die Bundesregierung steht offenbar vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ liegt der Regierung eine Liste mit Rüstungsgütern im Wert von etwa 300 Millionen Euro vor, die kurzfristig an die Ukraine geliefert werden könnten. Dabei handele es sich nicht um Waffen und Ausrüstung aus Beständen der Bundeswehr, sondern um Güter, welche die Industrie sofort beziehungsweise ohne großen Vorlauf liefern könne. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht habe „keine Bedenken“ gegen die Lieferungen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf das Ministerium. Dort werde allerdings darauf verwiesen, dass zuvor der geheim tagende Bundessicherheitsrat entscheiden müsse. Auch sei noch nicht geklärt, wer die Verträge schließt und wer dafür bezahlt.
Geberkonferenz für Waffenlieferungen an die Ukraine
Die britische Regierung organisiert an diesem Donnerstag eine Geberkonferenz für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine. Verteidigungsminister Ben Wallace hat zu der Konferenz eingeladen. Bei einem Besuch in Norwegen hatte Wallace die Hoffnung auf Rüstungszusagen „aus der ganzen Welt“ geäußert, „um sicherzustellen, dass Russland bei seiner illegalen Besetzung und Invasion eines souveränen Landes keinen Erfolg hat“.
Großbritannien hat sich an die Spitze der internationalen Bemühungen gestellt, die Ukraine mit Waffen zu versorgen. Premierminister Boris Johnson sagte am Mittwoch, er wolle bei den britischen Militärhilfen für die Ukraine „einen Gang höher schalten“. Vor drei Wochen hatte London angekündigt, der Ukraine weitere mobile Panzerabwehrwaffen zu liefern. Vor dem Einmarsch Russlands am 24. Februar hatte Großbritannien Militärausbilder in die Ukraine geschickt, um die ukrainischen Streitkräfte im Umgang mit solchen Waffen zu unterweisen.
UN-Hochkommissarin hat Hinweise auf mögliche Kriegsverbrechen
Der Beschuss von zivilen Zielen in der Ukraine verletzt nach Ansicht der UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet das internationale Kriegsrecht. „Willkürliche Angriffe sind gemäß dem humanitären Völkerrecht verboten und können auf Kriegsverbrechen hinauslaufen“, sagte sie vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. Nach ihren Angaben gibt es glaubwürdige Hinweise, dass russische Einheiten mindestens 24 Mal Streumunition in Siedlungsgebieten eingesetzt haben. Außerdem berichtete Bachelet über Angriffe auf Wohnhäuser, Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser und Schulen. „Seit mehr als einem Monat erlebt die ganze Bevölkerung der Ukraine einen wahren Albtraum“, sagte sie. Die massive Zerstörung von zivilen Objekten und die hohe Opferzahl seien ein starker Hinweis, dass fundamentale Prinzipien des Kriegsrechts nicht beachtet worden seien.
Bislang habe ihr Büro mindestens 1189 tote und 1901 verletzte Zivilisten registriert. Die wahre Zahl liege aber viel höher. Bachelet stellte klar, dass ihr Büro nicht nur Hinweisen auf russische Verfehlungen nachgehe. Der angebliche Gebrauch von Streumunition durch ukrainische Einheiten werde ebenso untersucht, sagte sie, ohne Details zu nennen. Außerdem gebe es Berichte über die Tötung von zwei pro-russischen Zivilisten sowie über Hunderte Verhaftungen durch die ukrainische Polizei.
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
kle/bru (dpa, rtr, afp)